Acta Structuralica

international journal for structuralist research

Book | Chapter

218720

Grenzüberschreitender Versuch

Adolf Bernstein

pp. 29-34

Abstract

Wenn mir als Arzt die Ehre zuteil wird, an einer Festschrift für einen Ordinarius der Philosophie mitwirken zu dürfen, dann hat dies einen besonderen Grund: Salmony und ich begegneten uns zum ersten Mal als Patient und als Arzt im Jahre 1948, und es entstand daraus in den siebenunddreißig Jahren, die seither vergangen sind, eine sich im Alltag bewährende Freundschaft. Damals hat sich etwas ereignet, was Jaspers in seinem Essay "Die Idee des Arztes"1 so formuliert hat: "Das Höchste, was ihm [dem Arzt] hier und da gelingt, ist Schicksalsgefährte zu werden mit dem Kranken, Vernunft mit Vernunft, Mensch mit Mensch, in den unberechenbaren Grenzfällen einer zwischen Arzt und Kranken entstehenden Freundschaft."2 In einem Brief vom 23. Dezember 1965 schreibt Salmony: "Thomas Hobbes hat um die Mitte des 17. Jahrhunderts die Faktizität des Menschen folgendermaßen charakterisiert: Homo homini lupus; bellum omnium contra omnes. Nicht Pessimismus, sondern Realismus spricht sich darin aus. Der Freund ist derjenige, der im Raume der schrecklichen Realität das ganz Andere, das sozusagen nicht in dieser Welt ist, verwirklicht. Freundschaft ist die Beziehung, die die natürlichen Beziehungen, die von dem naturhaften, angeborenen Egoismus getragen sind, aufhebt; im Sinne Hegels ist die Aufhebung dreifach zu nehmen: die Freundschaft verneint die natürlichen Beziehungen; aber sie bewahrt sie auf, indem sie sie zum Geistigen emporhebt."

Publication details

Published in:

Cesana Andreas, Rubitschon Olga (1985) Philosophische Tradition im Dialog mit der Gegenwart: Festschrift für Hansjörg A. Salmony. Basel, Birkhäuser.

Pages: 29-34

DOI: 10.1007/978-3-0348-5423-8_2

Full citation:

Bernstein Adolf (1985) „Grenzüberschreitender Versuch“, In: A. Cesana & O. Rubitschon (Hrsg.), Philosophische Tradition im Dialog mit der Gegenwart, Basel, Birkhäuser, 29–34.