Acta Structuralica

international journal for structuralist research

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148751

Das "Desiderium" der Getrennten

Stephan Strasser

pp. 155-160

Abstract

"Das Sein ist Exteriorität".1) Mit diesem Satz distanziert sich Emmanuel Levinas von zwei Denkern, von denen er immer mit Achtung spricht: Husserl und Merleau-Ponty. Was den erstgenannten betrifft, ist der Gegensatz offensichtlich. Für Husserl gibt es die Kategorie der "Exteriorität" überhaupt nicht. Für ihn gilt vielmehr der Satz, "daß alle Äußerlichkeit … von vornherein in der Innerlichkeit ihre Stelle hat" (Hua XVII, 238). Bei Merleau-Ponty verhalten sich die Dinge anders. Er sympathisiert nicht mit einer Philosophie der Immanenz und einem Idealismus der Konstitution. Er ist darauf bedacht, das Seiende — auch das Mensch-Seiende — in seinem ontologischen Kontext zu bedenken. Hierin offenbart sich der Einfluß, den Martin Heidegger auf ihn ausgeübt hat. Abweichend von Heidegger zögert Merleau-Ponty nicht, die ontologischen Zusammenhänge im Licht der Wissenschaften zu deuten. Merleau-Ponty zufolge ist der Mensch aufgenommen in Ganzheiten — in "Totalitäten", wird Levinas sagen: als wahrnehmender und sich selbst bewegender in eine räumliche Welt; als "animal loquens" in eine konkrete Sprachgemeinschaft; als soziales Wesen in eine gesellschaftliche Klasse; vor allem aber als historisches Wesen im Zusammenhang der Geschichte. Daher Merleau-Pontys aktives Interesse für Physiologie, Psychologie, Psychiatrie, positive Anthropologie und Historiographie.

Publication details

Published in:

Strasser Stephan (1991) Welt im Widerspruch: Gedanken zu einer Phänomenologie als ethischer Fundamentalphilosophie. Dordrecht, Springer.

Pages: 155-160

DOI: 10.1007/978-94-011-2484-3_37

Full citation:

Strasser Stephan (1991) Das "Desiderium" der Getrennten, In: Welt im Widerspruch, Dordrecht, Springer, 155–160.