Acta Structuralica

international journal for structuralist research

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148748

Dualismus, Monismus, Exteriorität

Stephan Strasser

pp. 130-137

Abstract

Merleau-Pontys philosophischer Anthropologie wohnt eine typische Tendenz inne: das Streben, den Cartesianischen Dualismus, der für das Denken in Frankreich so lange maßgebend war, zu überwinden. Merleau-Ponty ist darauf bedacht, die von Descartes hervorgehobenen Gegensätze zwischen der zweifelhaften Wahrnehmung und dem unbezweifelbaren "ego cogito", zwischen den zweideutigen Ergebnissen der Wahrnehmung und der eindeutigen "clara et distincta perceptio", zwischen den wechselnden geschichtlichen Meinungen und den ewigen Wahrheiten zu überbrücken. Gerade die Phänomene, die in dem Cartesianischen Denkgebäude keinen Platz haben, stehen im Mittelpunkt von Merleau-Pontys Forschungen: der Eigenleib mit seinen sinnvollen Funktionen, die menschliche Sprache, Kultur, Kunst, Geschichte und vor allem die menschliche Welt. Es muß in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, daß auch Husserl, der in so mancher Hinsicht ein Bewunderer von Descartes war, sich von dessen Dualismus und von dessen Kritik der wahrnehmenden Erfahrung distanzierte. Daß Heidegger in "Sein und Zeit" das Wort "Bewußtsein" nicht mehr ge-brauchte und stattdessen den Begriff "Dasein" in den philosophischen Diskurs einführte, war ebenfalls bezeichnend. Spätere phänomenologische Denker wie Buytendijk, Plessner, Binswanger, Ricoeur entwarfen Bilder vom Menschen und dem Menschlichen, die keinerlei Dualismus voraussetzten. Das Werk von Erwin Straus "Vom Sinn der Sinne""Vom Sinn der Sinne"7) stellte einen Frontalangriff dar auf die Abhängigkeit der Humanwissenschaften und der philosophischen Anthropologie von Cartesianischen Grundbegriffen. Und diese abweisende Haltung ist der phänomenologischen Bewegung auch in der Gegenwart nicht fremd. Wenn Alexandre Métraux und Bernhard Waldenfels eine Reihe von Essays unter dem Titel "Leibhaftige Vernunft. Spuren von MerleauPontys Denken"8) herausgegeben haben, dann ist diese Tatsache bedeutsam. Wir selbst haben in den vorhergehenden Betrachtungen aus unserer Sympathie für jene Sichtweise keinen Hehl gemacht.

Publication details

Published in:

Strasser Stephan (1991) Welt im Widerspruch: Gedanken zu einer Phänomenologie als ethischer Fundamentalphilosophie. Dordrecht, Springer.

Pages: 130-137

DOI: 10.1007/978-94-011-2484-3_34

Full citation:

Strasser Stephan (1991) Dualismus, Monismus, Exteriorität, In: Welt im Widerspruch, Dordrecht, Springer, 130–137.